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druck überwältigend. Unter den Gotteshäusern ragt besonders hervor
die Achmedsmoschee, die auch von 6 Minarets umgeben ist, während
sonst gemeinhin nur 4 erscheinen. Hier verrichtet der Hos und der
Sultan seine Andachtsübungen, und es klingt recht feierlich, wenn
die Muezzine auf die Galerieen der Minarets treten und weithin
schallend die Mahnung zum Gebet ertönen lassen. Fünfmal am Tage
ergeht der Ruf, und tiefes Schweigen lagert sich über der Stadt,
wenn die Worte gehört werden: Allah ist groß, es giebt nur einen
Allah, und Muhammed ist Allahs Prophet! Dem Christen wird es
ganz eigen ums Herz, wenn er bedenkt, daß auch die altberühmte
Kuppelkirche der göttlichen Weisheit jetzt zur Moschee umgewandelt
ist, und daß es ihm bei Todesstrafe verboten wird, sie zu betreten.
Fährt man von Konstantinopel westwärts an der Küste zurück,
etwa wie es die Perser bei ihrem ersten Zuge gegen die Griechen
thaten, so kommt man an das Hagion Oros, den Athos, also die
östlichste Spitze der Halbinsel Chalcidice. Die Alten verglichen diese
ganze südliche Landzunge, auf der der Athos liegt, mit einem schwim-
Menden Manne. Während die Landzunge selbst also flach ist und
wenig über das Meer emporragt, liegt an der südlichsten Spitze der
Kopf des Mannes, der Berg Athos mit 2000 m Erhebung, so daß
sein Schatten noch auf der Insel Lemnos wahrzunehmen ist. Diese
markante Erdstelle gehört zwar dem Großherrn in Konstantinopel, ist
in Wahrheit aber eine Mönchsrepublik, erfüllt mit den Klöstern der
griechischen Kirche. Und diese Erwähnung der orthodoxen Kirche
leitet uns über zu dem Staate der Balkanhalbinsel, der dem griechischen
Bekenntnis solgt, also dem Königreiche Griechenland. Diesem erst
seit 70 Jahren bestehenden Staatswesen kommen wesentlich die Er-
innerungen an eine große und glänzende Vergangenheit zu Hilfe;
aber wo in Portugal und Spanien diese Rückerinnerungen nur zum
maßlosen Stolze und unfruchtbaren Hochmute verführt haben, will
man in Griechenland doch bemerken, daß Königtum und Volk einiger-
maßen dem Goetheschen Grundsatz huldigen: erwirb es, um es zu be-
sitzen.1 Die Bahnen freilich sind in dem Lande noch schwach ent-
wickelt — nur die beiden bedeutendsten Handelsstädte sind durch
einen Schienenstrang verbunden, Athen und Patras —; und wenn
man an den Ausspruch denken wollte, daß die Anzahl der Verkehrs-
wege das Antlitz eines Landes repräsentieren, so sieht dies Antlitz
ziemlich trübselig aus. Aber eine zweite Errungenschaft der modernen
Zeit verbessert doch gleich das Urteil über die merkantile Bedeutung
des Ländchens, es ist der Kanal von Korinth, der den Schiffen die
nicht ungefährliche Fahrt um das Kap Matapan erspart. Die Aus-
1 Dazu kommt die Anspruchslosigkeit des griechischen Volkes, über die der
Türke verächtlich sich äußert: wo ein Esel verhungert, wird ein Grieche noch fett.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T14: [Athen Stadt Athener Sparta Spartaner Griechenland Krieg Perser Flotte König], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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TM Hauptwörter (200): [T138: [Meer Insel Stadt Küste Halbinsel Kleinasien Griechenland Name Bosporus Land], T48: [Christ Jerusalem Sultan Mekka Araber Land Jahr Stadt Mohammed Türke], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T179: [Gott Mensch Wort Welt Erde Glaube Herr Sünde Himmel Satz]]
[— 23 —
über diesen Paß in die Ebenen Italiens. ^Natürlich machten sich
auch umgekehrt die Italiener diese Straße und ihre Zugänglichkeit
zu nutze. Die Segnungen der mittelmeerischen Kultur kamen den
nordischen Völkern nicht über die mittleren Alpen, sondern das Rhone-
thal herauf, und noch im 13. Jahrhundert sind die Messen in der
Champagne der „Hauptknotenpunkt des italischen Handels mit dem
Norden".
Ein zweiter Unterschied von England liegt darin, daß die Küsten-
entwickelung dem Flächenraum gegenüber in Frankreich nur schwach
ist. Es giebt hier nur wenig Halbinseln und sehr spärliche Inseln.
An der atlantischen und Kanalseite bieten zudem die Küsten manches
Hindernis, mögen sie nun steil sein wie die Falaisen am Kanal oder
flach wie die berüchtigten landes am Gols von Biskaha. Man be-
hauptet ja, daß Frankreich an der ganzen Kanalküste keinen günstigen
Hafen besitzt, und deshalb hat Kaiser Napoleon Iii. unter den nam-
haftesten Kosten den Kriegshasen Eherbourg gegenüber der Insel
Wight anlegen lassen, „das großartigste Werk der Wasserbaukunst
aller Zeiten". Besser steht es um die Riasartigen Einschnitte der
Bretagne, wo eine Menge Häsen liegen und die Bewohner als aus-
gezeichnete Seeleute bekannt sind. Hat doch auch in verschiedenen
Geschichtsperioden das Piratenwesen dort sehr geblüht. Die vor-
nehmsten Häfen finden sich an den trichterförmigen Mündungen der
Flüsse, und weit stromaufwärts können noch die Schiffe fahren, wenn
sie nur die Flutwelle benützen. Daher rührt wohl auch Napoleons
Ausspruch, daß man Havre, Rouen und Paris als eine Stadt be-
trachten müsse, deren Hauptstraße die Seine ist. Le Havre ist „das
französische Liverpool". Es spielt nicht nur eine Rolle als Ausfuhr-
Hafen, sondern von der anderen Hemisphäre werden Weizen und Roh-
baumwolle importiert. Was die Fluterscheinungen betrifft, so ist in
der Bai von S. Michel der Unterschied der Gezeiten 16 m, so daß
den Granitfels, der das berühmte frühere Benediktinerklofter trägt,
die Flut völlig umspült, und der Ort sich recht sür das abgeschiedene
Mönchsleben eignet. In die Garonne dringt die Flut noch über
Bordeaux hinaus, und oft entwickelt sich das „Maskaret" genannte
stürmische Vordringen der Welle, daß man das Gebrüll bis auf 15 km
Entfernung hören kann, und von der Gewalt der Wassermasse Anker
ausgerissen, Kabel zerbrochen und Boote zertrümmert werden. Man
wird unwillkürlich an die Pororoka des Amazonas erinnert. — Die
Mittelmeerküste Frankreichs hat bedeutende Vorzüge. Zwar finden
sich hier im westlichen Teile des Golfe du Lion die berüchtigten
etangs oder Strandseeen, so daß nur Cette, wo der canal du midi
endigt, in Betracht kommt, und der Rhonefluß, der keine Flut hat,
führt nur Geröll in die See hinaus; aber dafür haben wir östlich
von der Rhonemündung Häfen wie Marseille, Toulon und Antibes,
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Extrahierte Personennamen: Biskaha Napoleon Napoleons
Extrahierte Ortsnamen: Italiens England Frankreich Gols Frankreich Bretagne Rouen Paris Frankreichs Marseille Toulon Antibes
— 104 —
den wenigen Herbstwochen hier sich 200000 Menschen aus dein
Orient und Occident zusammenfinden und daß ein Warenumsatz von
2—300 Millionen Rubel erzielt wird. Die kostbarsten Waren lagern
in den Läden der Pelzwerkhändler, in den Perlenbuden und in den
Verkaufsständen der indischen Shawls.
Haben wir in Kiew die religiöse Kultstätte des Reiches gehabt,
in Nishnij Nowgorod sein merkantiles Centrum, so ist Moskau, „das
heilige Moskau", der nationale und politische Mittelpunkt des ganzen
Russentums. Und gleichzeitig erkennen wir hier, daß wir an „den
Pforten des Orients" stehen, daß Moskau also als Bindeglied
zwischen Europa und Asien zu betrachten ist. Den schönsten Anblick
der Riesenstadt gewähren die Sperlingsberge, von denen auch die
Franzosen 1812 zuerst die Stadt in Augenschein nehmen konnten.
„Die ungeheure Größe, die tausend vergoldeten oder bunt bemalten
Kuppeln, die Boulevards, welche die herrlichsten Promenaden bilden,
endlich der Kreml mit seinen Türmen, Zinnen und mittelalterlichen
Befestigungen bilden ein Ganzes, von dem man sich schwer eine
Borstellung machen kann." Das Wort Kreml soll tatarisch sein und
bedeutet in den Städten immer den erhöhten inneren mit Wall und
Graben umgebenen Stadtteil. Übrigens, sagt Bodenstedt, sind die
russischen Städte genau nach dem Muster mongolischer Residenzen
angelegt. Der Moskauer Kreml ist also mitten in der großen Residenz-
stadt eine Stadt für sich mit 32 Kirchen und vielen Palästen. Über-
ragt wird alles von dem Iwan Weliki, einem 80 m hohen Turme;
neben ihm ruht die kolossale Glocke, die bei einer Feuersbrunst in
den Boden stürzte, und die 20 m im Umfange hat. Die vielen
zwiebelförmigen Kuppeln und die hohen Turmspitzen gewähren einen
wunderbaren Effekt, um fo mehr, da überall uns rote, weiße, grüne
Farben entgegenleuchten und Gold und Silber durcheinander schimmert.
Das Ganze erinnert an seinen ehemaligen Charakter der Festung
durch die Einfassungsmauern, die sich 20 m in die Lüste erheben,
unterbrochen von Wachttürmen und ringsum mit Schießscharten ver-
sehen. Will man durch die Erlöserpforte den heiligen Kreml betreten,
so muß man fein Haupt entblößen, so verlangt es die Borschrist.
Moskau hat 40 km im Umfang und enthält außer diesem innersten
Stadtteile eine Menge anderer, wie den Kitaigorod „Chinesenstadt",
den Hauptsitz des Handels, und eine ganze Anzahl von Sloboden
oder Borstädten. Einen seltsamen Eindruck macht auch noch die
Kirche des heiligen Basilius (Wassili Blaslienni), ganz in der Rähe
der Spaskija Warota, eben des Erlöserthores. Das Dach krönen
11 verschiedenartige Türme, mit Kuppeln geschmückt, die wie orienta-
tische Riesenturbane aussehen. Auch hier ist der Eindruck der grellen
Farbenkontraste ganz zauberisch, da ebeu alle Regenbogensarben ver-
treten sind. Ter Bolksmund hat die Kirche wegen der eigentümlichen
TM Hauptwörter (50): [T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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Greise nur äußerst wenige Runzeln haben; seltsam wirkt daneben die
Notiz, daß die christlichen Eingeborenen statt des Weines den Kokos-
nußsaft beim Abendmahl gebrauchen, ähnlich wie auf dem alten
Glasgemälde der Wiesenkirche zu Soest statt des Osterlammes der
westfälische Schinken erscheint. In Wirklichkeit ist es aber mit dem
Paradiesesbilde, das die Südseeinseln in Natur und Menschentum
darbieten sollen, wesentlich anders. In Tahiti z. B., das doch den
charakteristischen Typus für alle die begeisterten Dithyramben Cooks
und der Förster bildete, ist die Pflanzenwelt an Arten auffällig arm.
Es giebt dort nur 500 Phanerogamen, nicht einmal halb soviel
als im nördlichen Deutschland, und das Rechenexempel, daß, während
in der kalten Zone erst von je 100 Pflanzen eine und in der ge-
mäßigten doch auch nur unter 80 eine ein Baum ist, in der heißen
Zone dagegen die Triebkraft der Natur ein enormes Wachstum zeigt
und schon unter je 5 Pflanzen sich einen Baum befinden läßt —
und zwar sind es Bäume, etwa wie unsere Eichen, mit Blüten
prangend, ähnlich unseren Lilien —, dürfte hier nicht zutreffen.
Auch über die paradiesische Unschuld der Menschen wird man das
Urteil wohl einschränken müssen. Die berauschenden Getränke und
die europäischen Krankheiten haben unter den Eingeborenen tüchtig
aufgeräumt, und so ist von den Kanaken auf den Sandwichinseln,
die Cook noch auf 400000 schätzte, jetzt nach 100 Jahren nur ein
Drittel übrig.1 Der Mißbrauch, den Priester und Häuptlinge mit
der Tabuerklärung treiben, wodurch also beliebigen Gegenständen der
Charakter des „heilig und unverletzlich" beigelegt wird, spricht gerade
nicht für eine hohe Stufe der Gesittung. Und was die Intelligenz
betrifft, so ist ja das Geschick der Insulaner zur Schiffahrt ganz
außerordentlich. Die Boote mit ihren Ausliegern fahren weit in die
See hinaus, und ihre Reisen zeugen von der Kühnheit und Umsicht
der Bemannung. Ja, Ratzel behauptet,* 2 die Kolonisationsthätigkeit
der pacifischen Vikinger müsse erstaunlich gewesen sein, ausgedehnt
über einen Raum, der das Reich Alexanders oder Roms übertrifft,
und nennt diese That der wandernden Besiedelung „die größte
Leistung vor der Entdeckung Amerikas". Aber es ist doch zu be-
achten, daß diese oeeanischen Stämme noch größtenteils sich in dem
Steinzeitalter befinden, also unsere Metalle entbehren, ja daß sie
die Webekunst und Thonbereitung nicht kennen und sich mit den
Tapazeugen aus Rindenbast begnügen und, wo Thon sich findet,
ihn lieber zum Essen benützen.
Ich sagte schon, Neuholland erscheine diesem Jnselgewimmel
gegenüber tute der primus inter pares, wie der Heerführer, der
' In den ersten Zeilen nach Cook siedelten sich Europäer in der Südsee an,
die im schlimmsten Rufe standen und als Auswurf der Menschheit aalten.
2 Völkerkunde S. I, 162.
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Extrahierte Personennamen: Ratzel Alexanders Cook
Extrahierte Ortsnamen: Soest Deutschland Alexanders Roms
— 55 —
deutschen Tieflande her. ^ Es ist im Sw das Gebiet der Schelde, die am Flandrischen Höhenzug nahe bei der Somme-Quelle (s. o.s. 42) entspringt und sich (bei Antwerpen) noch mitten im Binnenlande (5iy4° | 41/3°) zu zwei weiten Flutmündungen öffnet; von diesen ist die südlichere, die Wester-Schelde, jetzt allein für die Schiffahrt brauchbar, während die nördlichere, die Ooster-Schelde [öfter], gleich im oberen Teile durch die Überführung der Eisenbahn, die die Delta-Inseln mit dem Festlande verbindet, gesperrt ist. Die Maas, die von 8 her die Ardennen scharf durchfurcht hat und sich nach Aufnahme der Sambre nach Ono wendet, nimmt dann im Vorlande der Ardennen (als belgisch-holländischer Grenzfluß) nördliche Richtung an und beschreibt unweit der deutschen Reichsgrenze einen Bogen, um unter 5° ö. Q. mit dem Rhein-Delta zu verwachsen, dessen Aus-gängen sie aber ihren Namen giebt, obwohl der Rhein die elffache Wafsermenge i)em Meere zuwälzt. In etwa liy2 m Seehöhe teilt sich der Rhein, nachdem er das Deutsche Reich verlassen hat, sogleich in zwei Teile: links geht die größere Wassermenge durch die Waal, rechts die kleinere durch den „Neder-Rijn" [tieber rein], der später Lek [lef] heißt, so daß das Land zwischen beiden eine von O nach W lang gestreckte Flußinsel darstellt.2 Die Waal nimmt die Maas auf3 und gabelt sich bald nachher: der linke Arm erweitert sich zu zwei Flutmündungen, deren südlichere mit der Ooster-Schelde in Verbindung steht; der rechte Artn schickt zwei Adern nach Wnw, die weiterhin als „Alte" und „Neue Maas“ bezeichnet werden, obwohl sich in die letztere- alles Wasser des Lek ergießt. Von dem Neder-Rijn zweigt sich schon oben (j^ei Arnheim) die an der O-Seite der Süder-See mündende Jjssel [eißel] ab; dagegen ist ein Nw-Arm („Krummer Rhein“)4 nebst seinen Zweigen, „Vecht" (nach der Süder-See) und „Alter Rhein“ (an Leyden vorüber nach der Nordsee), jetzt durch Schleusen abgesperrt, also nur noch kanalartig, ohne fließendes Wasser.
Wie das belgisch-holländische Grenzgebiet, so ist auch der No Hollands weithin sandig und heideartig; ^ hier giebt es auch Moore (vgl. U. 136), von denen manche neuerdings durch sorgfältige „Kultur" in Ackerland umgewandelt find.
1 Daher in Belgien reich an Schlachtfelbern.
2 Ihr Name „Betuwe" [betüroe] rührt nicht vom Volksstamme der Bataver her, sonbem bebeutet: gute, fruchtbare An, im Gegensatz zu der nürblichen „Veluwe" [felüroe], der schlechten, unfruchtbaren Au.
3 Hier beginnt das Depressionsgebiet, vgl. c).
4 An bessen Anfangspunkte nimmt der Neber-Rijn den Namen Lek an.
6 Wie in Norbbeutschlanb besteht die Oberfläche dieser Sanbfchaften großenteils^ aus Moränenschutt, den vor vielen Jahrtausenben, in der „Eiszeit", norwegische Gletscher bis über den 52. Parallel hinüber sübwärts geschoben haben (vgl. Leh-mann-Petzolb, S. 35). Hierzu gehört auch die Velnwe (f. Anmerk. 2).
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10
Nebelflecken, die selbst wieder als gewaltige Sternwelten aufzufassen
sind, Wenn auch das beste Fernrohr sie uns nicht in Einzelsterne auf-
zulösen vermag. Die Spektralanalyse aber liefert uns den Beweis, daß
manche der „Nebel" tatsächlich noch Gasmassen,1 also werdende Welten,
sind — oder wenigstens waren, als die jetzt unser Auge erreichenden
Lichtwellen vor Jahrtausenden von ihnen ausgingen (vgl. S. 8).
Die Erkenntnis dieser riesigen Verhältnisse des Weltalls — eine
so erhebende Leistung des menschlichen Geistes sie auch darstellt —-
läßt den vergänglichen Bewohner des kleinen Sonnenbegleiters „Erde"
in Demut sein Nichts empfinden.
4. Die Lage eines Sterns in bczng ans Horizont und Zenit.
Unter der Entfernung zweier Sterne voneinander kann selbst-
verständlich nur der Winkel verstanden werden, den die nach ihnen
gezogenen Gesichtslinien am Auge des irdischen Beobachters ein-
schließen. Darum ist es aber auch für die Bestimmung der Lage
eines Sterns zulässig, die Vorstellung von dem scheinbaren
Himmelsgewölbe beizubehalten. Die Orientierung1 * 3 an dieser Riesen-
1 Ein glühendes Gas gibt bekanntlich nur ein Linienspektrum.
" Dieser Ausdruck erinnert daran, daß man sich in alter Zeit vorzugsweise
nach dem Aufgang der Gestirne (oriens, vgi. M,, 2. Ausl., S. 5, Anmerk. 4) zu-
recht zu finden suchte.
3 Wie in streng matheuratischem Sinne das Wort Kreis nur für die krumme
Linie (nicht für die Kreisfläche) gebraucht werden sollte, so bezeichnet auch das Wort
„Horizont" (— Grenze) eigentlich nur die Umfangslinie; es wird aber vielfach auch
für die horizontale Ebene angewandt.
kugel erfolgt naturgemäß
zunächst in bezug auf den
jeweiligen irdischen Be-
obachtungsort, und zwar
aus Horizont und Zenit.
Es macht für die Himmels-
* man statt der Ebene des
wirklichen Gesichtskreises
die parallel dazu durch das
Auge (A) des Beobachters
gelegte Ebene des „schein-
baren Horizonts" (Al
^ in Fig. 2) oder gar die
parallel durch den Erdmittel-
punkt gelegte Ebene des sog.
„ w a h r e n Horizonts"
(Mf in Fig. 2) nimmt,3
denn im Vergleich zu den
TM Hauptwörter (50): [T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T81: [Sonne Erde Tag Mond Himmel Nacht Stern Zeit Licht Stunde], T27: [Erde Linie Punkt Breite Länge Kreis Ort Meile Winkel Meridian]]
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105
von ihnen gering geachteten, seßhaften Arabern in den Städten.
Großmütig und gastfreundlich, stolz und mäßig, aber gegen Feinde
grausam und tückisch — so erhalten sie das Urbild des freien Ara-
bers lebendig. Aus diesen Beduinen ging die nach ihrem Schöpfer
genannte Sekte der Wahhlbitero hervor; diese unterwarfen zu An-
fang des 19. Jahrhunderts ganz Arabien, wurden aber auf Geheiß
des Sultans von ägyptischen Truppen (1814, 1832) zurückgeworfen;
setzt sind sie in ihrer Heimat Nedschd auf verschiedene Oasenorte
verteilt.
c) Russisch-Kaukasieu. Unter diesem Namen wird alles Land
zwischen der Manytsch-Niederung und der türkisch-persischen Grenze
zusammengefaßt, also sowohl Ciskaukasien (nördlich vom Kaukasus-
Kamme) als Transkaukasien, zu dem auch der russische Anteil
Armeniens gerechnet wird. Aus einer Fläche von 480000 qkm
(vgl. Mi, S. 118) wohnen hier 9% Mill. Mensch ent Die Russen
haben den wertvollsten Teil von Armenien inne, denn sie be-
sitzen erstens Eriwan (s. S. 95) und das benachbarte Kloster
Etschmiadzin [...zw;, den Mittelpunkt der Armenischen Kirche,
zweitens aber Batum, den besten Hafen der asiatischen Küste des
Schwarzen Meeres, und sein Hinterlands Gegenüber den alten
Handelswegen ist die Eisenbahn, die Batum mit dem Kaspischen
Meere verbindet, von entscheidender Bedeutung geworden, da sie
nicht nur einen Teil des persischen Handels (s. S. 101), sondern auch
die größere Menge des Petroleums von Baku dem Seehafen Batum
zuführt. ^ Aus dem üppig-fruchtbaren Küstenland steigt die Bahn
zur Wasserscheide an (s. S. 95) und zieht jenseits im Kur-Thale ab-
wärts. In ihm ist das malerisch gelegene Tiflis (450 m ü. d. M.,
160000 Einw.) der Sitz der Verwaltung von Kaukasien und die
größte Stadt des außereuropäischen Rußland; dort trifft von der
Festung Wladikawkas [...fd§],5 der Kopfstation der ciskaukasischen
Eisenbahn (740 in), her, die Kaukasus-Poststraße^ auf den Kur.7 1 2 * 4 * 6 *
1 Sie wollten die reine Lehre des Islam, nur den Koran und die beglau-
bigten Aussprüche Mohammeds, wiederherstellen, aber ohne die abgöttische Ver-
ehrung des Propheten und andere Auswüchse. Diese Sekte hat auch im südlichen
Vorder-Jndien Anhänger. Eine andere mohammedanische Sekte (auch in Arabien)
sind die Sennssi (vgl. S. 77, Anmerk. 7).
2 Das übrige russische Asien hat auf der Riesenfläche nur gut anderthalb-
mal soviel Bewohner! In Kaukasien leben 35000 Deutsche, davon die Mehrzahl
in Dörfern, die von schwäbischen Auswanderern (1818) gegründet sind.
^ Dort die Festung Kars an der alten Straße Tiflis —Erserum (s. S. 101).
4 Auch in der Einfuhr spielt das Petroleumgeschäft die erste Rolle mit
Brettern und Blech für Ölkisten. Das andere Westende der Transkaukasischen
Bahn, Poti (in Kolchis), hat sehr an Bedeutung eingebüßt.
6 D. h. Herr des Kaukasus.
6 Vgl. S. 95 und 99, Anmerk. 5.
Aus die alteu Verbindungen mit Erserum und Eriwan ist bereits hingewiesen.
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TM Hauptwörter (200): [T87: [Meer Rußland Wolga Stadt Petersburg Moskau See Ostsee Hauptstadt Ural], T134: [Land Meer Hochland Persien Tigris China Euphrat Iran Asien Armenien], T48: [Christ Jerusalem Sultan Mekka Araber Land Jahr Stadt Mohammed Türke], T179: [Gott Mensch Wort Welt Erde Glaube Herr Sünde Himmel Satz], T109: [Europa Asien Afrika Amerika Australien Insel Erdteil Land Zone Klima]]
Extrahierte Personennamen: Mohammeds
Extrahierte Ortsnamen: Armeniens Armenien Baku Tiflis Kaukasien Mohammeds Tiflis Kolchis Kaukasus
TM Hauptwörter (50): [T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm]]
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Extrahierte Ortsnamen: Afrika Amerika Afrika Lehmann-Petzold Wien Afrikas Ost-Afrika Uganda Kiganda Westen_Ba
6
Osten uns kehrend, stehen wir vor dem hohen Chor, an dessen äußerer
rechter Seite sich das Grabmal und Steinbild eines Dompropstes Jo-
hannes Seme ca befindet, der den Bau des Domes mit Rath und
That wesentlich gefördert hat. Vor dem Haupteingang zum hohen Chor
stellt sich ein mächtiges Crucifix aus Holz dar, das von sehr hohem Alter
ist. Der hohe Chor, zu dem vier Thüren führen, birgt manche Kostbar-
keit, z. B. uralte, biblische Personen und Geschichten darstellende Gewebe
(sie sollen ans Karls des Großen Zeiten stammen); das Grabdenkmal
eines Bischofs (Friedrich, ch 1552), darstellend auf einer Seite den Teufel,
der die Sünden aufzeichnet, auf der andern den Engel der Barmherzig-
keit, der die Sündenrolle zerreißt u. a. Das schöne Bild auf dem Altar,
Christus iu Gethsemane, ist ein Geschenk König Friedrich Wilhelms Iv.
— Auf dem Bischofsstuhl, zu welchem vom hohen Chor aus eine Wendel-
treppe führt, sehen wir ein marmornes Pult, von da aus wurden in
alten Zeiten den am nördlichen Eingang in der Ecke knieenden Büßern
„die Leviten gelesen". Am östlichen Ende der Kirche liegt die Bischofs-
kapelle mit vielen schönen Glasmalereien und Bildern aus Holz und
Stein; hier pflegte der Bischof selbst vor dem Hauptaltar die Messe zu
lesen. Viele merkwürdige Alterthümer, Gewänder, Bilder, Gefäße rc.
enthält auch der Kapitelsaal. Die Neustädter Kapelle ist neuer-
dings restaurirt.
5. Wir besteigen schließlich einen der Thürme, beschauen die Glocken
und halten von der Gallerie, die um das Dach herumführt, eine Umschau
über die Stadt und Gegend. Da sehen wir auch in einem Thurme auf
der östlichen Seite ein Glöckchen, das heißt das Adämchen. Damit
hat es folgende Bewandtniß. In alter Zeit fanden sich, die öffentlich
Buße thun mußten für begangene schwere Sünden, in einen Sack gehüllt,
mit bloßen Füßen am Aschermittwoch vor dem Dom ein (in einem Vor-
bau am Hauptportal, der das Paradies genannt wurde, jetzt, weil bau-
fällig geworden, weggenommen ist). Hier legten sie ihre Beichte ab und
empfingen die Vorschriften für ihre ferneren Bußen. Dann that sich die
Kirchenthür auf und der Zug der Büßer schritt dem Altar zu, an welchem
der Bischof und seine Geistlichen die Bußpsalmen sangen; dann wurden
die Büßer aus der Kirche getrieben. Nun meldete sich einer der Büßen-
den als der Adam; der mußte, nachdem er gleichfalls vom Bischof mit
einem Stock aus der Kirche war hinausgetrieben worden, die ganze Fasten-
zeit hindurch in großer Dürftigkeit leben, strenge Bußüöungen verrichten,
täglich am Eingang der Kirche sich einfinden, durfte nicht die Kirche be-
treten, mit Niemand ein Gespräch anfangen und Umgang pflegen und
durfte erst nach Mitternacht und ans öffentlicher Straße schlafen. Endlich
am grünen Donnerstag wurde er wieder in die Gemeinschaft der Kirche
feierlich ausgenommen, und dazu wurde dies kleine Glöckchen, das Adäm-
chen (und davon hat es den Namen) geläutet. Zugleich mit ihm erhielten
auch die andern Büßer Absolution, d. h. es wurde ihnen Vergebung und
Erlaß fernerer Strafe verkündigt.
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Extrahierte Personennamen: Karls Friedrich Friedrich Christus Friedrich_Wilhelms Friedrich Wilhelms
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von dem Petershof daneben; das war ehedem die Wohnung des Bischofs.
Hier haben jetzt das Land- und Stadtgericht (oder Kreisgericht)
und Jnquisitoriat (oder Kriminal) ihre Arbeit. Da gehen gar
viele Leute ein und aus; Leute, die wider einander eine Klage oder
eine streitige Sache um Geld und Gut haben; dann, mit Schriften und
Heften unter dem Arm, die Richter, denen obliegt, jene abzuhören, nach
dem Gesetz ihren Streit zu schlichten und das Mein und Dein zu ordnen;
dann andere Beamte, Boten und Diener des Gerichts; dann Leute, die
hier zur Strafe gefangen gehalten, am-Tage zur Arbeit auf das Feld
hinausgeführt werden; ab und zu kommen auch welche mit gebundenen
Händen, von einem Gerichtsdiener begleitet, die sollen hier um ihr Ver-
gehen, Raub oder Mord oder anderes, verhört und bestraft werden.. Es
sind' an dem Hause an der östlichen und westlichen Seite viele vergitterte
Fenster und große schwarze Kasten zu sehen: ihr könnt euch nun wohl
denken, was dahinter ist.
3. An der Liebfrauenkirche vorbei kommen wir zum Drachen loch.
In alten Zeiten wurde im Januar auf dem Domplatz ein wunderliches
Schauspiel aufgeführt. Man baute aus Holz und Papier ein Drachen-
bild zusammen, überzog es mit allerlei Lumpen und steckte in den Popanz
einen Menschen, der lief nun auf dem Platz hin und her, gefolgt und
getrieben von einer großen Menge Volks, und die Geistlichkeit sang dazu
einen lateinischen Vers, daß Christus den großen, bösen Drachen über-
wunden und zertreten habe. So dauerte das Spectakel eine Weile, und
endlich fuhr das Ungethüm an dem Thor im Westen hinaus und ver-
schwand. Davon soll dieser Zugang den Namen Drachenloch erhalten
haben. — Gehen wir nun auf der Südseite des Platzes entlang, so
kommen wir an das Seminar, eine Schule, wo junge Leute zu Lehrern
gebildet werden. Es ist ein sehr altes Haus. Das Seminar ist von
einem Domherrn (1778) gegründet, der sich um die Volksschulen über-
haupt durch Schrift und That sehr verdient gemacht hat; die Inschrift
über dem Hauptgebäude nennt seinen Nameu: Eberhard von Rochow.
Er ist im I. 1805 gestorben auf seinem Gute Neckan bei Brandenburg,
wo er eine Musterschule gestiftet, die bald einen berühmten Namen ge-
wann. Mit dem Seminar ist eine Taubstummenschule verbunden. —
Am Zwicken endlich liegt die höhere Töchterschule. Das Haus war
früher die Dompropstei, d. h. die Wohnung des Propstes, der der nächste
Geistliche nach dem Bischof und der Vorsteher des Domcapitels war;
noch heute erinnern daran die Wappen der Domherren an den Wänden
des Hauses und das Steinbild des heiligen Stephanus am Thore. Der
Zwicken (Zwinger) ist ein langer, schöner Steinbogengang an der Nord-
und Westseite. Das hier befindliche Thor hieß das düstere oder das
Stephansthor und stand eine Kapelle darauf; beides ist seit langen Jahren
abgetragen. — Der Domplatz ist an den beiden Langseiten vom Dom
bis zum Petershof mit schönen, alten Lindenbäumen geschmückt. Unweit
des Tränkethors liegt auf ihm ein großer, runder Stein. Von dem er-
zählt die Sage, an dem Bau des Domes habe, damit er zu rechter Zeit
fertig würde, der Teufel mit geholfen und habe Steine durch die Luft
TM Hauptwörter (50): [T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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